Für deutsche Unternehmen gehört Cloud Computing heute zur Normalität. Laut der letzten Cloud-Monitor-Studie von Bitkom und KPMG beziehen inzwischen mehr als 80 Prozent der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern irgendeine Form von Cloud-Services. Kosteinsparungen werden immer noch als häufigster Grund für eine Cloud-Migration genannt – was gerade im derzeitigen Wirtschaftsklima sehr nachvollziehbar ist.
Doch einfach nur Teile der On-Premises-Infrastruktur in die Cloud auszulagern, um Kosten zu sparen, ist zu kurz gesprungen. Die Migration in die Cloud, egal ob in die Public oder in eine Private Cloud, bewirkt einen Paradigmenwechsel in den Bereichen Systemarchitektur, Bereitstellung von IT-Ressourcen, Architektur von Anwendungen, Security-Architektur sowie beim Betriebsmodell der IT. Dieser Paradigmenwechsel dominiert immer mehr die Cloud-Agenda der IT-Verantwortlichen.
Am deutlichsten ist die Veränderung am Betriebsmodell der Anwendungen zu beobachten. Die im Cloud-Monitor befragten Unternehmen gehen im Durchschnitt davon aus, dass sie in drei Jahren 60 Prozent ihrer Anwendungen aus einer Cloud-Infrastruktur heraus zu betreiben werden.
Gleichzeitig wird der Blick der IT-Verantwortlichen auf den Gesamtkomplex Cloud Computing differenzierter. War das letzte Jahrzehnt vor allem vom Run auf die Public Cloud gekennzeichnet, so verlangsamt sich 2022 das Wachstum von Plattformen wie AWS, Azure & Co. spürbar. Der Begriff „Cloud Computing“ steht heute nicht nur für eine bestimmte Dienstleistung, sondern vor allem für eine Ressourcenarchitektur und dem dazugehörigen Bereitstellungsmodell.
Innerhalb dieses Komplexes gibt es zwei Aufgaben, die den IT-Verantwortlichen in den nächsten Jahren viel Aufmerksamkeit abverlangen werden:
Mit der Cloud ist es im Grunde wie mit der Erfindung der Filmkamera: Letztere wurde zuerst einfach nur vor der Theaterbühne aufgestellt, um eine Aufführung zu filmen. Die vielfachen Möglichkeiten der neuen Technik wurden erst nach und nach durch die Beschäftigung mit ihr entwickelt – bis hin zu dem, was wir heute Filmkunst nennen. Entsprechend werden die Möglichkeiten der Cloud erst durch die Arbeit in der neuen Betriebsumgebung entdeckt.
Das Gute an Cloud Computing ist, dass ein großer Teil der kreativen Entwicklungsarbeit bereits geleistet wurde. Hyperscaler wie Amazon Web Services (AWS), Google oder Microsoft sowie Unternehmen wie VMware, IBM oder HPE haben im eigenen Interesse die Cloud-Technologie soweit vorangetrieben, dass sie nun für Anwenderfirmen voller Möglichkeiten steckt – sie müssen nur wahrgenommen werden.
Zugegeben, aus Sicht eines Unternehmens, das sich noch in einer frühen Phase seiner Cloud-Reise befindet, ist das leichter gesagt als getan. Denn selbst wenn die Projektbudgets vorhanden sind, fehlt es bei den meisten Unternehmen noch vielfach am Know-how und den personellen Ressourcen für fortgeschrittene Cloud-Projekte. Andererseits wird sich langfristig kaum ein Unternehmen dieser Entwicklung entziehen können, wenn es bei der Digitalisierung mithalten möchte.
Private oder Public Cloud – was sind die grundsätzlichen Kriterien und welche Variante ist die richtige Wahl für welche Art Anwendung?
Der grundsätzliche Trend zuerst: Laut der Cloud-Monitor-Studie 2022 liegen die Präferenzen der Anwenderunternehmen in Deutschland ganz klar auf Seiten der Private Cloud – dies war zumindest bisher der Fall. Etwa 67 Prozent der befragten Unternehmen entschieden sich für die Private Cloud, weitere 14 Prozent hatten es vor. Auf die Public Cloud setzten 47 Prozent, doch weitere 28 Prozent hatten dies noch vor oder zogen es in Erwägung.
Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass es sich bei der Entscheidung Private vs. Public nicht um eine Entweder/Oder-Frage handelt. Ein Blick auf die internationale Anwenderschaft verrät, wo die Reise mittelfristig hingeht, nämlich zur Hybrid und Multi Cloud, mit einer leichten Tendenz aktuell in Richtung Multi Cloud. Laut dem State of the Cloud Report 2023 von Flexera scheinen sich immer mehr Anwenderunternehmen auf einen einzigen Public-Cloud-Provider festzulegen, während sie gleichzeitig sowohl ihre eigene Private Cloud ausbauen als auch mehr in ihre Public-Cloud-Installationen investieren.
Die Nutzung der Multi Cloud ging 2022 von 89 % auf 87 % zurück. Die Verwendung einer einzelnen Public Cloud ist von 9 % in 2021 auf nun 11 % gestiegen.
(Quelle: State of the Cloud Report 2023 von Flexera, Nutzung gemäß Creative Commons Attribution 4.0 International License)
Für die Public Cloud sprechen die einfache Bereitstellung, die hohe Leistungsfähigkeit, die einfache Skalierbarkeit sowie die vielen Erweiterungen, die sozusagen von der Stange nutzbar sind und technologisch weit fortgeschritten. Insbesondere die Möglichkeit, auf einfache Weise IoT- oder KI-Anwendungen aufzusetzen, machen die Clouds der Hyperscaler äußerst attraktiv. Für die Private Cloud sprechen die bessere Kontrolle über Infrastruktur und Daten sowie eine über die Laufzeit mehrerer Jahre bessere Gesamtkostenbilanz (Total Cost of Ownership, TCO).
Eine Kombination der beiden Plattformen, die Hybrid Cloud, ist deshalb für die meisten Unternehmen der Königsweg. Laut Flexeras State of the Cloud Report 2023 betreiben 72 Prozent der befragten Unternehmen eine Hybrid Cloud, während 24 Prozent ein reines Public-Cloud-Modell vorziehen und nur 4 Prozent exklusiv auf die Private Cloud setzen (siehe Grafik).
Die Nutzung hybrider Clouds ging laut Flexera im Jahresvergleich von 80 % auf 72 % zurück, was auf eine Zunahme der reinen Public-Cloud-Nutzung zurückzuführen ist.
(Quelle: State of the Cloud Report 2023 von Flexera, Nutzung gemäß Creative Commons Attribution 4.0 International License)
Eine IDC-Studie im Auftrag von Nutanix kommt zu dem Schluss, dass ein Workload-zentrierter Ansatz für die IT-Infrastruktur, bei dem jede Anwendung mit der für sie am besten geeigneten Cloud-Umgebung kombiniert wird, kosteneffizienter ist als die zwangsweise Einbindung aller Anwendungen in dieselbe Art Infrastruktur.
Kosteneinsparungen werden in den meisten Studien nach wie vor als Hauptmotiv für die Migration in die Cloud angegeben. Doch es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Adaption der Cloud in eine neue Phase tritt. Laut Flexera-Studie ist das zweite am häufigsten genannte Ziel für das Cloud-Engagement die „Ausweitung der Cloud-orientierten Strategie“ und die am zweithäufigsten genannte Kennzahl, an der Unternehmen den Erfolg ihrer Cloud-Aktivitäten messen, ist die „Bereitstellungsgeschwindigkeit neuer Produkte und Services“. Letzteres kann man getrost als Hauptziel der Digitalisierung aus Sicht der IT bezeichnen. Es setzt die intensive Nutzung aller Facetten der Cloud-Technologie voraus.
Eine Momentaufnahme über den Stand dieser Ausweitung der Cloud-orientierten Aktivitäten liefert die Cloud-Studie von Flexera. Bei der Frage, welche Art Services von der eigenen Private Cloud bereitgestellt werden, dominieren die datenintensiven Anwendungen wie Datenbanken und Data Warehouses, gefolgt von einer großen Bandbreite an Use Cases, von der Bereitstellung mobiler Services über Disaster Recovery bis hin zu KI- und IoT-Anwendungen (siehe Grafik).
Fast die Hälfte der Befragten Anwenderunternehmen plant oder testet bereits den Einsatz von KI-Anwendungen, fast 40 % arbeiten an IoT- und Edge-Use-Cases.
(Quelle: State of the Cloud Report 2023 von Flexera, Nutzung gemäß Creative Commons Attribution 4.0 International License)
Damit dürfte auch endgültig klar sein, dass Cloud Computing nicht allein als Service, sondern vor allem als IT-Architektur- und Bereitstellungsmodell sowie als Betriebsmodell zu verstehen ist. Es bietet die Gelegenheit, Anwendungen und digitale Services schnell und Performance-optimiert umzusetzen, bereitzustellen und sie kosteneffizient zu betreiben.
Die Umstellung der IT-Infrastruktur auf Cloud Computing ist nur der erste Schritt auf dem Weg zum neuen IT-Paradigma. Der zweite besteht in der Modernisierung der Anwendungen, damit sie die Möglichkeiten der darunter liegenden Computing-Ressourcen voll ausschöpfen können. Der dritte Schritt, die Umstellung der internen Prozesse der IT, ist eine logische Folge des zweiten mit dem Ziel, die IT-Organisation insgesamt agiler zu machen.
Die Modernisierung der existierenden, konventionell programmierten Anwendungen, gehört zu den Aufgaben, die Experten zufolge die Arbeit der IT in den nächsten Jahren prägen wird. Die Marktforscher von IDC schätzen, dass bis Ende 2024 rund 60 Prozent der traditionellen Anwendungen weltweit bereits vom Prozess der Modernisierung erfasst sein werden. Und laut dem Gartner CIO and Technology Executive Survey 2023 planen 46 Prozent der befragten Unternehmen, die Ausgaben für solche Projekte dieses Jahr zu erhöhen.
Anwendungsmodernisierung und der darauffolgende Betrieb von Cloud-optimierten Anwendungen setzt eine intensive Zusammenarbeit des IT-Betriebs mit der Software-Entwicklung voraus und hat das oben erwähnte Ziel, neue Funktionalität und Services in möglichst kurzen Zyklen bereitstellen zu können. Wird dies erreicht, können Unternehmen digitale Geschäftsmodelle einfacher umsetzen und besitzen auch die nötige Agilität, um sich den ständig wechselnden Anforderungen der Digitalisierung zu stellen.
Zugleich sollte Anwendungsmodernisierung als Aufgabe nicht unterschätzt werden. Sie setzt einiges an Fachwissen, sorgfältige Vorbereitung sowie die Schaffung der dazugehörigen internen Strukturen voraus, um erfolgreich zu sein. Hinzu kommt, dass diese Aufgabe mit dem Einsatz relativ neuer Technologien wie Microservices und Container verbunden ist, mit welchen die meisten mittelständischen Unternehmen bisher nicht allzu viele Berührungspunkte hatten.
Was es genau mit der Modernisierung von Anwendungen auf sich hat, welche Möglichkeiten es hierfür gibt und wie Sie sich darauf vorbereiten können, erfahren Sie in unserem „Leitfaden Anwendungsmodernisierung“, den Sie hier herunterladen können.
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